Horwer hälfed enand: Hilfe, die Mut macht
Auch in Horw leben Menschen in knappen Verhältnissen. Eine Zahnarztrechnung oder eine neue Brille kann ihr Budget sprengen. Der Verein «Horwer hälfed enand» unterstützt Menschen in Horw mit rascher, unbürokratischer Hilfe. Nicht mehr mit Gutscheinen, sondern via E-Banking.
Der Verein «Horwer hälfed enand» hat seine Wurzeln bei der Winterhilfe Schweiz. Die Winterhilfe gab in Not geratenen Personen spezielle Einkaufsgutscheine ab, die in Geschäften in Horw eingelöst werden konnten. Bild vom Dorfmarkt mit Kilbi im Jahr 1986.
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Wurzeln bei der Winterhilfe
Der Verein «Horwer hälfed enand» hat seine Wurzeln bei der Winterhilfe Schweiz. Diese entstand im Kontext der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre, in der viele Menschen ihre Arbeit verloren und weder für Kleidung noch für Obst Geld hatten. Menschen in Not zu unterstützen, war auch das Ziel der Fürsorgekommission/Winterhilfe Horw, die 1952 ins Leben gerufen wurde. 1988 wurde daraus die Fürsorgekommission «Horwer hälfed enand». Der Motor dahinter war der damalige Leiter der Horwer AHV/IV-Zweigstelle und ehemalige Sozialarbeiter Alfred Müller. 2011 sagte er im Blickpunkt: «Die damalige Winterhilfe war nicht mehr zeitgemäss. Wir verbilligten in der Vorweihnachtszeit Äpfel, Kartoffeln oder Birnel und gaben in Not geratenen Personen spezielle Einkaufsgutscheine ab. Diese wurden häufig nicht eingelöst, weil sich die Betroffenen schämten, mit solchen Gutscheinen zu bezahlen.» Müller erkannte, dass man nicht so wirken konnte, wie man es sich wünschte.
Der Vorstand des Vereins „Horwer hälfed enand“ im Oktober 2022. Von links: Irene Doppmann Koch, Martin Schelker, Judith Ehrler, Verena Studhalter, Peter Hruza und Susanne Heer (abtretende Präsidentin). Es fehlen Benedikt Wey und Romeo Zanini.
Spende führte zu Verein
2014 wurde «Horwer hälfed enand» schliesslich zu einem Verein. Der Auslöser war eine grössere Spende, erzählt die ehemalige Gemeinderätin und aktuelle Vereinspräsidentin Susanne Heer: «Eine Person aus Horw machte uns eine Schenkung über 60’000 Franken. Daraufhin gründeten wir einen Verein, um eine klare Rechtsform zu haben.» Solch grosse Spenden sind die Ausnahme. Aber es gibt immer wieder Menschen, die grössere Beträge spenden. «Die Spendenbereitschaft ist nach wie vor gross», freut sich Susanne Heer. Viele Menschen spenden jedes Jahr. Auch über die Kirchen und Kollekten kommen grössere Beträge zusammen. Den Grund dafür sieht der Verein im bisherigen Wirken. «Viele gute Menschen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark engagiert», sagt Edith Rüst-Kaufmann, ehemalige Mitarbeiterin der Sozialberatung der Gemeinde Horw. Edith Rüst-Kaufmann arbeitete als Vertretung der Gemeinde Horw im Vorstand mit. «Man vertraut uns. Daher bringt uns die Horwer Bevölkerung grosses Wohlwollen entgegen. Dank dieses Rückhalts können wir Menschen in Not helfen und dazu beitragen, dass sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind.» Was Horwerinnen und Horwer bisher spendeten, kam und kommt den in Not geratenen Personen direkt zugute. Der gesamte Vorstand arbeitet ehrenamtlich und gibt kaum Geld für Werbung aus.
Stiftung Brändi: Alles begann in einem kleinen Pavillon
Auf dem Grundstück des Blindenheims Horw steht ein Pavillon. Darin betreuen zwei Gruppenleiter 12 Menschen mit einer Behinderung. So begann 1968 die Geschichte der Stiftung Brändi. Nur ein Jahr später war die Werkstätte bereits überbelegt. 1973 bewilligte der Grosse Rat des Kantons Luzern den Ausbau des Arbeitszentrums mit Wohnheim in Horw auf 180 Arbeits- und Eingliederungsplätze und 80 Wohnplätze. 1976 eröffnete die Stiftung Brändi in Horw ihr erstes Wohnhaus.
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Einer der grössten Arbeitgeber
Heute ist die Stiftung Brändi im Kanton Luzern an neun Standorten vertreten und ein leistungsfähiger Industriebetrieb, der im internationalen Markt besteht. Für 220 Lernende ist sie ein Ausbildungszentrum. Die Stiftung Brändi betreibt drei Shops, eine Gärtnerei und drei Restaurants. In sechs Wohnhäusern wohnen 340 behinderte Menschen. Mit einer Belegschaft von 1’800 Personen ist die Stiftung Brändi einer der grössten Arbeitgeber in der Zentralschweiz.
Woher kommt der Name «Brändi»?
Der mittlerweile kantonsweit bekannte Name «Brändi» hat mit den Anfängen der Stiftung in Horw zu tun. Das Grundstück, auf dem die Gebäude der Stiftung Brändi in Horw stehen, hatte den Flurnamen «Brändi». Bei «Brändi» handelt es sich um eine Weiterbildung des Worts «Brand», und zwar im Sinne von «Stelle, die durch Brandrodung urbar gemacht wurde». Auch für den Namen «Brändi» in Horw geht das Schweizerische Idiotikon davon aus, dass sich der Begriff auf brandgerodetes Gelände bezieht. Diese Rodungsart war besonders vom ausgehenden Mittelalter bis in die frühe Neuzeit hinein verbreitet.
Frauengemeinschaft: Oase im Alltag
Damals – im Januar 1878 – wurde die «Bruderschaft der Mütter von Horw» gegründet. Schon sehr lange vor der Einführung des Frauenstimmrechts fanden unsere Gross- und Urgrossmütter eine Gruppe, die es ihnen ermöglichte, ab und zu die eigenen vier Wände zu verlassen und mit Gleichgesinnten Erfahrungen aus dem Familienalltag auszutauschen. Hier erlebten sie, dass Frauen in Kursen und Vorträgen gefördert wurden. Wissen, welches ihnen sonst nur schwer zugänglich war.
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Angebote für alle Generationen
Heute – da gehört professionelle Bildung längst zum Alltag. Einige Anliegen des «Frauen- und Müttervereins», so der Name später, sind gesellschaftlich und kirchlich verwirklicht worden. Hierfür sind die Frauen nicht mehr auf die heutige «Frauengemeinschaft» angewiesen. Der Spagat zwischen Beruf und Familie ist eine grosse Herausforderung, welche eine aktive Teilnahme am Vereinsleben eher erschwert. Und doch zählt der Verein auch nach über 140 Jahren zu den grössten in Horw. Weltliche Angebote für alle Generationen gehören ebenso zum Angebot wie spirituelle. Ein eigener Fonds unterstützt Frauen in Not, und mit der Bewirtschaftung eines Bücherschranks leisten wir einen Beitrag für Frau und Mann. Die Frauengemeinschaft versteht sich, damals wie heute, als eine Oase im Alltag.
Astrid Stalder, Vorstand Frauengemeinschaft Horw
Blinden-Fürsorge-Verein Innerschweiz BFVI: Lange Suche nach einem Standort
Der Blinden-Fürsorge-Verein Innerschweiz BFVI wurde 1906 von Luzerner Bürgern und Politikern mithilfe der Baldeggerschwestern gegründet. Lange suchte der Verein nach einem geeigneten Grundstück für die Errichtung eines Blindenheims, ehe er 1919 die Liegenschaft des ehemaligen Handelsinstituts Merkur bei der Waldegg für 132’000 Franken erwerben und zwei Jahre später das Blindenheim und die Blindenwerkstätte Horw mit 22 Arbeitsplätzen eröffnen konnte. 1935 konnte der Verein auf demselben Gelände das «Luzernische Blinden-Altersheim» dem Betrieb übergeben.
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Bazar für Cafeteria
Wie gross die Unterstützung aus der Horwer Bevölkerung für das Blindenheim war, zeigte sich 40 Jahre später, als ein erweiterter Neubau der Anlagen des Blinden-Fürsorge-Vereins Innerschweiz BFVI unumgänglich wurde. Der Frauen- und Mütterverein Horw führte zugunsten dieses Vorhabens einen grossen Bazar durch – mit dem Erlös konnte die gesamte Einrichtung der neuen Cafeteria finanziert werden!
Beitrag zur Altersversorgung
Bis heute darf der BFVI mit seinen 155 Fachmitarbeitenden und rund 85 Mitarbeitenden in geschützten Arbeitsplätzen immer wieder auf die Unterstützung und das Wohlwollen der Horwer Bevölkerung zählen. Bei öffentlichen Bauten wird auf die Bedürfnisse der blinden und sehbehinderten Mitbewohnenden Rücksicht genommen. Zudem bestehen viele persönliche Verbindungen zum Pflegeheim und Wohnheim, leben doch momentan nicht weniger als 46 Einwohnerinnen und Einwohner aus Horw im Pflegeheim des BFVI. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Altersversorgung der Gemeinde. Bekannt ist der BFVI auch für die hochwertigen Besen, Bürsten und Korbwaren, die im Werkstattladen gekauft werden können. In der Montageabteilung werden unter anderem regelmässig die Abstimmungsunterlagen für die Gemeinde in die Couverts gesteckt.
Doris Amrhein, Direktorin BFVI
EXKURS ZUM MERKUR
«Eingangs des Ortes befindet sich das Handelsinstitut Merkur, in welchem za. 50 Jünglinge, vorwiegend italienischer Zunge, unter tüchtiger Leitung eine gründliche Vorbereitung für Sprachen, Handel und Verkehr erhalten, während dorfeinwärts der grosse Spielplatz des Instituts der Pflege eines gesunden Sportes genügend Raum bietet.»
Raphael Reinhard, 1912